28.8. Südtirol Ultra Skyrace

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28.8.2021 Das Laufabenteuer

Um 6:22 Uhr fahre ich mit dem Bus von Sarnthein nach Bozen, als einer von 10 Läufer/innen, die auch Sarnthein als idealen Ausgangspunkt gewählt haben. In Bozen meint es der Busfahrer gut mit uns und fährt an der passenden Haltestelle vorbei. Ist aber egal, denn bis zum Start um 7:30 Uhr ist noch reichlich Zeit. Vor Ort Kontrolle meiner Corona-App. Der Rucksack wird nicht auf die vielen geforderten Dinge geprüft. Die „schnellen Hirsche“ haben sogar nur Getränke dabei. Pünktlich erfolgt der Start. Erst entlang des Flüsschens Talfer und dann bald hinauf. Die Oswaldpromenade entpuppt sich als eine langgezogene Steigung, die in Serpentinen den Berg hinaufführt. Gut, dass ich meine Stöcke dabeihabe. Erst durch die Weinberge, dann durch den Wald.

Oswaldpromenade durch die bozner Weinberge
Nun auf dem Wanderweg Nr. 2 steinig bergauf

Schon bald habe ich dem Läuferfeld klargemacht, dass hier und heute nur einer Letzter werden kann: Ich! Doch dann überhole ich zwei Läufer, die verschnaufen müssen. Dahinter folgen bereits zwei Helfer, die die gelben Markierungs-Fähnchen einsammeln. Ich schnaufe ordentlich, während die beiden sich angeregt unterhalten! Wenig später schließe ich zu zwei Frauen auf, die in etwa mein Tempo gehen. Sie sind bereit, mich mitzunehmen. Danke sehr! Meine Befürchtung, dass wir es nicht in 6 Stunden bis zum Rittner Horn schaffen, wird gleich zerstreut: „In etwa 4:30 bis 5 Stunden werden wir dort sein!“ Diese Info ist für mich eine große Erleichterung, da ich es gar nicht einschätzen konnte.

Judith und Doris

So zu dritt geht es leichter, da wir uns angeregt unterhalten. Doris wohnt in Sarnthein, kennt hier jeden Steig und Judith aus der Nähe von Karlsruhe war hier bereits einmal am Start. Das Tempo ist moderat aber gleichmäßig. Wo immer es geht, wird gelaufen. Es geht nicht oft! Wir erreichen Oberbozen, wo es eine Verpflegungsstelle mit Gels, Riegeln, Waffeln und Wasser gibt. Ich nutze diese ausgiebig.

Maria Himmelfahrt – Zeit für ein stilles Gebet
Oberbozen mit Blick auf den Schlern
tolle Wegeführung

Wir drei verstehen uns gut und haben viel Spaß und gute Laune. Aus Fremden werden bei einem solchen Lauferlebnis Freunde, Lauffreunde. Wir teilen die Erlebnisse, die Quälereien, die sagenhaften Ausblicke, die Herausforderungen und die Freuden, wenn wieder ein Anstieg erfolgreich gemeistert wurde. Wir bleiben heute bis Km 25 auf dem Fernwanderweg E 10, der in Bozen endet. Da ich immer interessiert bin, habe ich den E 10 gegoogelt:

Der E10 nimmt seinen Ausgang in Nuorgam/Finland führt über Lahti zum Kap Arkona auf Rügen/Deutschland, von wo aus er über Stralsund nach Süden durch das Seengebiet Mecklenburgs und Nordbrandenburgs führt. Berlin umgeht der Weg über Potsdam und gelangt in die Niederlausitz, wo der Spreewald durchquert und in der Oberlausitz das Mittelgebirge erreicht wird. Über das Lausitzer Gebirge und das Böhmische Mittelgebirge erreicht der E 10 die Moldau und folgt ihr bis Prag und Budweis in den Böhmerwald, in dessen österreichischem Teil er in das Mühlviertel gelangt. Ein Wegast verläuft nun als Inn-Salzach-Variante nach Salzburg, der Hauptweg hingegen durch den Hausruck und den Kobernaußer Wald und über den Gaisberg nach Salzburg. Nun strebt der Weg durch das Berchtesgadener Land zum Steinernen Meer und zum Hundstein, hinab nach Taxenbach, sodann hinauf ins Rauriser Tal und hinüber ins Gasteiner Tal, von wo aus die Hohen Tauern überschritten werden. In der anschließenden Reißeckgruppe setzt sich der Weg weiterhin durch hochalpines Gelände fort, ehe er hinunter nach Spittal an der Drau verläuft und sich in den Gailtaler- und Karnischen Alpen fortsetzt, hinüber in das Pustertal führt, den Sarntaler Alpen zustrebt und schließlich sein Ziel in Bozen erreicht, wo er vorläufig endet. (Quelle: Alpenverein)

Kurz vor der Talstation der Bergbahn erwartet Christian, ein guter Freund von Doris auf uns. Gemeinsam geht es bis zum großen Parkplatz, wo auch der VP ist. Es gibt Cola, nur Cola! Gerne hätte ich meine Flaschen mit Wasser aufgefüllt, so müssen die restlichen 0,3 Liter für die nächsten rund 700 Höhenmeter ausreichen. Wir verlassen die Straße und quälen uns bergauf, Schritt für Schritt, step by step.

Auf dem Weg hinauf zur Bergstation der Rittner-Bergbahn

Wolken wechseln sich mit Sonne ab. Für das Foto vom Aufstieg passe ich eine kurze sonnige Phase ab, denn danach werden wir unter den (dunklen) Wolken laufen. Die Aussichten entschädigen für die Quälereien. Wir erkennen die Geisler Spitzen, Lang- und Plattkofel, die Seiner Alm, den Schlern, den mächtigen Sella Stock und auch die Rosengartengruppe. Diese Dolomiten liegen nur wenig entfernt und sind dennoch durch das tiefe Eisacktal nicht schnell erreichbar.

Aufstieg zum Rittner Horn

Inzwischen sind wir ruhiger geworden. Sowohl bei den Gesprächen wie auch beim Steigen. Es ist steil! Nun muss jeder sein eigenes Tempo, seinen Rhythmus, gehen. Oben am Horn werden wir uns wieder sammeln. Ein Mann wartet im Anstieg. Wenig später erfahre ich, dass es Judiths Mann ist, der seine Liebe nun ein Stück begleitet. Es fallen einige wenige Graupel aus graudunklen Wolken. Nur einige! Eine Läuferin, die wir bereits überholt hatten, schließt sich uns an. Veronika kommt aus Ritten, dem Ort, der dem Rittner Horn seinen Namen gab. Sie kennt hier also auch (fast) jeden Stein. Aus einem Trio wird ein Quartett. Endlich sind wir oben. Und ja, sie hatten Recht, meine Uhr zeigt 4:46 Stunden. Deutlich vor dem Cut Off! Meine Beine sind gut, ich weiß nun, dass ich es schaffen werde!

schöne Aussicht vom Rittner Horn auf die Dolomiten
Hier oben gibt es eine Wetterstation und die bewirtschaftete Hütte

Hier oben auf 2261 Metern Höhe ist es frisch. Am VP ist Zeit zum Auffüllen meiner Trinkflaschen, für Apfelstückchen und für 6 Kekse – einfach lecker! Wir erfahren, dass der erste Mann in etwa 4:05 Stunden bereits das Ziel erreicht hat! Die erste Frau wird etwa eine Stunde später im Ziel sein. Unfassbar!!! Beide stammen aus der näheren Region, aus Gröden und Lana.

Danach gehe ich ein Stück weiter, raus aus dem Wind, hinter einen Felsen. Es ist zwar kalt, aber von den niedrigen Temperaturen um 0 und dem eisigen Nordwind gibt es keine Spur. Dennoch tausche ich die nassen Shirts gegen neues Shirt und Windjacke. Dann muss ich los, meinen drei Damen hinterher. Kaum bin ich 100 Meter gelaufen, ist der Wind weg und die Sonne zeigt sich ganz kurz. Plötzlich warm, das gibt’s doch nicht! Ich zweifle an meiner Entscheidung. Egal! Weiter!

über Hindernisse

Es folgt eine längere Laufpassage (1 Kilometer), danach geht es über Wiesen und immer steiler bergauf Richtung Sartner Scharte, dem Hausberg von Sarnthein.

Die Scharte ist schon zu erkennen
meine Begleiterinnen
Der heftige Anstieg hinauf zum Sattel
Notfall-Biwak auf dem Sattel – endlich oben

Hier oben warten Bekannte der einheimischen Läuferinnen und es gibt eine Extra-Versorgungsstelle. Es gibt Kuchen und auch gekochte Eier sind zu haben.

verdientes Picknick nach dem langen Aufstieg

Nach der Pause geht es weiter bergauf zur Sartner Scharte. Stellenweise ziehe ich mich an Sicherungsseilen die steilen Passagen empor. Dann stehe ich endlich an der höchsten Stelle der Strecke. Die Strecke führt nicht über den Gipfel, sondern etwa 50 Meter entfernt über die Schulter. Aber ich folge den großen Steinmännchen und stehe bald am Gipfelkreuz. Diesen Ausblick will ich mir nicht nehmen lassen.

Mächtige Wegweiser!
Sartner Scharte Gipfel auf 2.468 Meter NN
KM 30 Aufstieg zum Villandersberg

Bald ist Kilometer 30 erreicht. Ein weiterer Gipfel wird in einiger Entfernung passiert. Nun soll es nur noch hinab gehen. Inzwischen ist ein Helfer hinter mir unterwegs und sammelt die Markierungen ein. Ich frage nach dem hinter uns liegenden Läufer. Seiner Info nach sind wir die letzten, andere haben wohl aufgegeben.

Totensee

Es geht felsig hinab. Nach dem Totensee folgt das Totenkircherl. Infos hierzu: Wahrscheinlich wurde das Kirchlein von ehemaligen Bergknappen errichtet. Auf der Sarntaler Seite war bis ins 16. Jahrhundert ein Bergwerk in Betrieb.“Am Toten“ sollen sich laut einer Sage während der letzten Pestepidemie einige Villanderer zurückgezogen haben. Die Kapelle am Übergang vom Eisacktal ins Sarntal liegt auf dem Hochplateau der Villanderer Alm. (Quelle: Sentres)

VP am Kircheneingang

Am letzten VP an dieser Kirche stärken wir uns und können schon den weiteren Streckenverlauf hinab Richtung Ziel erkennen. Wir sehen aber auch ein Schauer aufziehen und entscheiden uns zum sofortigen Start.

Mitten im Graupelschauer

Das Schauer ist schneller. Ein heftiges Graupelschauer verklopft uns. So schnell wie es kommt, so schnell ist der Hagel nach 5 Minuten auch wieder vorbei. Das Schauer zieht hinauf, genau dort hin, wo wir herkamen. Glück gehabt!

Wir passieren eine Gedenkstätte für einen hier verstorbenen noch jungen Mann. Doris erzählt: „Auf einer Mountainbike-Tour hielt ihm sein bester Freund das nahe gelegene Gatter auf. Nachdem er es verschlossen hatte, konnte er seinen Freund nicht mehr sehen. Er fand diesen dann an dieser Stelle leblos. Verstorben an einem Herzinfarkt. Viel zu jung!“ Nach dieser doch sehr traurigen Geschichte sind wir uns einig, wir müssen das Leben genießen solange es geht, viel Spaß haben und Erlebnisse sammeln. Wie bei dem heutigen Lauf.

Nun begleitet uns ein Junge, Noe, der die Fähnchen einsammelt. Gestern hat er mit seiner Mutter die Strecke markiert, heute ist er mit seinem Vater als „Räumdienst“ eingeteilt. Gerade noch rechtzeitig kann ich ein Foto von ihm und dem Schild Km 35 machen, bevor er hinter, neben und vor uns herumwuselt und die Markierungen aus dem Boden zupft. Der Kleine ist in seinen Bergschuhen mindestens genauso schnell unterwegs wie wir Läufer. Er hat großen Spaß!

Team Noe“

Judith bestellt bei unserem Begleiter für den Zieleinlauf „We are the Champions“als Musikwunsch. Leider hat er hier oben keine Verbindung zum Ziel.

brutales Gefälle

Es folgt ein ganz heftiges Gefällstück. Ich frage Noes Vater, ob die Fahrzeuge der Wald- und Wiesenbauern hier überhaupt hinaufkommen. „Gar kein Problem, mit Allradantrieb und niedrigem Schwerpunkt kommen sie schon hinauf. Unfälle passieren häufig bei Arbeiten, wie heuen, die quer am Hang stattfinden, da gibt es leider jedes Jahr schwere Unglücke.“

Burg Reineck

Noch 4 Kilometer, ich rufe Susi an, dass sie mich bald im Ziel begrüßen darf. Der letzte Kilometer. Wir passieren die Burg oberhalb von Sarnthein, gleich ist es geschafft. Einen gemeinsamen Zieleinlauf verabreden wir mit Noe und mit Fähnchen. Kurz vor dem Ziel werden wir von unseren Familien und Freunden erwartet. Susi spendet auch reichlich Applaus. Danke!

Das Video von unseren Zieleinlauf hat Judith zur Verfügung gestellt.

We are the Champions!

Unserem Helfer ist es wohl doch noch gelungen, unseren Wunsch weiterzugeben. Herzlichen Dank dafür!!!

Wir sind alle stolz und überglücklich, als wir die Finisher-Medaille und das T-Shirt erhalten

19 Frauen (alle) und 103 (von 105) Männer kommen ins Ziel. Und ich habe mein Ziel letztendlich dann doch erreicht: Letzter! Ok, nicht ganz allein, aber doch!

103. Uwe Laig 9:42:45 Stunden

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26.8.2021: Noch 2 Tage bis zum Start. Ich habe Teile der Strecke besichtigt, abgelaufen, abgewandert. Dies hätte ich besser unterlassen. Nun weiß ich, was mich erwartet. Heute habe ich mir den Streckenverlauf nochmals in Ruhe angesehen und festgestellt, dass es nach dem Rittner Horn (2260) noch zwei weitere Berge zu erklimmen gilt (2468 und 2509). Mit entsprechendem Untergrund. Erst dann geht es hinab zum Totenkircherl, 2168 (was ich hoffentlich lebend erreiche) und hinab nach Sarnthein auf Höhe 980. Das Wetter verspricht auch keine Unterstützung. Samstag: – 2 bis + 2 Grad, leichter Nordwind am Rittner Horn (2260). Ich darf ja noch 240 Meter höher hinaus! Wo sind meine Winterklamotten? Zu Hause! Also mehrere Schichten anziehen und sehen wie es läuft! Habe mächtig Respekt vor diesem Abenteuer. Dazu soll es noch Gewitter geben! Ich hoffe, dass der Wetterbericht morgen besser sein wird.

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10.8.2021: Ab dem 14.8. steht Jahres-Urlaub auf dem Programm. Erst eine Woche im Bregenzer Wald, danach 8 Tage in Südtirol. Ganz zufällig ist dort am 28.8. eine Marathonveranstaltung. Südtirol Sky UltraTrail. Wobei die langen Strecken über 121 und 69 Km gestrichen wurden. Mir werden aber auch 44,5 Km und 2.863 HöM reichen!

Höhenprofil

Bozen liegt auf Höhe 280 NN, bis zum Rittner Horn bei km 23 sind 2.000 Höhenmeter zu bewältigen. Das Zeitlimit beträgt hierfür 6 Stunden. Für die gesamten 44,5 km (Verlängerung wegen Felssturz notwendig) habe ich 12 Stunden Zeit. Der höchste Punkt liegt bei rund 2.500 Metern NN.

Das wird schon ein ordentliches Abenteuer werden. Hier werde ich auch die Stöcke mitnehmen. Es gibt auch eine umfangreiche Liste mit Utensilien, die ich dabei haben muss. Wo ist meine Signalpfeife? Und die Handschuhe?

VORGESCHRIEBEN:

  • Startnummer, mit integriertem Chip, muss sichtbar vorne angebracht werden (um Chipsignal gut zu empfangen)
  • Rucksack oder Gürteltasche
  • Mobiltelefon immer eingeschaltet und aufgeladen
  • Sicherheitsnummern der Organisation und Notrufnummersind im Mobiltelefon gespeichert
  • Feldflasche oder Camelbak, Becher oder geeigneter Trinkbehälter
  • Nahrungsvorrat für die gesamte Rennstrecke
  • Aluminium Rettungsdecke/Überlebensdecke
  • Signalpfeife
  • Erste Hilfe Set: Sterile Kompressen, Verband, Pflaster
  • wasserdichte Jacke, für schlechte Klimabedingungen und für Höhenlagen geeignete warme Bekleidung
  • Laufhosen, die mindestens bis unter das Knie reichen oder Beinlinge
  • Mütze, Stirnband oder sonstigen Kopfschutz
  • Handschuhe
  • Streckenplan/Road-Book oder GPS
  • Sicherheitsplan bei Unwetter und bei Unfällen
  • Chirurgische Maske

Da sehe ich, dass ich doch noch einiges zurecht legen muss. Und klar, auf 2.500 Meter Höhe (Sarner Scharte) kann die Temperatur auch bei 0 Grad liegen.

Hoffentlich gibt es kein Gewitter. In 2019 wurde das Rennen wegen Gewitter unterbrochen und Teilnehmer in Hütten versorgt. Leider waren einige Läufer zwischen den Posten unterwegs und nicht erreichbar. So auch eine Gruppe mit einer Norwegerin, die von einem Blitz getroffen wurde und später im Krankenhaus verstarb. 2021 wird es kein Gewitter geben! Falls doch, werde ich meinen Start überdenken.

Wenn alles gut läuft, geht es ab dem Totenkircherl die letzten 10 Kilometer – siehe Foto – hinab ins Sarntal. Ganz zufällig befindet sich unser Hotel in Sarnthein, in der Nähe des Ziels.

Über diesen Lauf werde ich ab 29.8. berichten.